Wölfe … demnächst auch am Lech?

 

Am 29. April versammelten sich im Saal der Windacher Schlossgaststätte auf Einladung der BILO (Bürgerinitiative Lebendiger Ortskern) 125 Menschen – überwiegend Windacher, aber auch Forstexperten, Jäger, Hundefreunde, Naturschützer aus dem Umland. Der Wildexperte Ulrich Wotschikowsky sprach zum Thema: >>Wölfe! Was kommt da auf uns

zu?<<

Die Schlussfrage, die der Referent in den Raum stellte >>Brauchen wir den Wolf?<< hätte auch als Motto am Anfang seiner Ausführungen stehen können. Nein, wir  b r a u c h e n  ihn nicht. Ebenso wenig wie Eisvogel, Feuersalamander, Schwalbenschwanz und Kornweihe. Und ebenso wenig wie wir Eisvögel ausräuchern, Salamander tottreten, Schmetterlinge ausrotten oder Kornweihen abschießen, dürfen wir den zugewanderten Wölfen den Garaus machen.

Wotschikowsky legte dar, dass Wölfe – auch in unserer kulturell überprägten Landschaft – nur dann zum Problem werden, wenn der Mensch sie “habituiert”, das heißt: anfüttert oder sonst wie in seine Nähe lockt. Ein Wolf, für den der Mensch eine gute Futterquelle ist, lässt sich auch mit Gummigeschossen (Vergrämung) nicht vom Gegenteil überzeugen. Im Extremfall – und der ist bisher höchst selten – bleibt nur der Abschuss.

 

Gibt es sonst noch Gründe, auf Wölfe zu schießen – einmal davon abgesehen, dass Canis lupus hohen gesetzlichen Schutz genießt, den einige wenige Jäger klammheimlich ignorieren.

 

Viermal: nein!

1.) Der Wolf, der sich (das wurde wissenschaftlich ermittelt) bei uns zu über 50% von Rehen ernährt, ist kein Beutekonkurrent des Jägers. Eher  schon Helfer. Die Jäger kommen mit ihren Mitteln der historisch beispiellosen Übervölkerung an Rehen nicht bei, Verbiss in den Wäldern und erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden sind die Folgen.

2.) Für den Schutz von Weidetieren bringt der Abschuss von einigen Wölfen nichts. Denn egal, ob zehn oder fünfzig Wölfe in einem Landkreis leben – Weidetiere müssen überall geschützt werden, wo Wölfe sich ansiedeln.

3.) Wölfe, so hört man es aus Jägerkreisen, müssten durch Bejagung scheu gehalten werden. Aber für diese Ansicht gibt es keine wissenschaftlichen Belege. In vielen Ländern wird der Wolf heute nicht bejagt, und dennoch passiert nichts. Nichts in Richtung Bedrohung, Einschüchterung, Belästigung von Menschen.

4.) Wenn es genug Wölfe geben wird, um von stabilen Populationen ausgehen zu können, dann könne – auch das wird immer wieder gefordert -, man doch auch Wölfe schießen.

Warum ... damit Jäger ihr Beutespektrum um ein charismatisches Tier erweitern können? Wotschikowsky, selbst Jäger, meint, es wird schwer sein, der Gesellschaft dies als Grund für eine Bejagung zu vermitteln.

 

Derzeit gibt es in Deutschland etwa 36 Wolfsrudel, Experten meinen, dass maximal für 440 zwischen Nordsee und Alpen, Oder/Neiße und

Ems Platz wäre. Auch wenn es zu dieser Höchstzahl käme, würde man Wölfe wohl nur schwer zu Gesicht bekommen. Sie meiden Menschen - sozusagen von Haus aus.

Nicht dagegen meiden sie Schafe. Für kommerzielle Schäfer und ihre Herden gibt es wirksame, lohnende Schutz- und Abwehrsysteme, die aber für Hobby-Schäfer zu kostspielig wären. “’Da gibt es bisher noch keine überzeugende Strategie, wie man hier Hilfe, bzw. Abhilfe schaffen kann”, so Wotschikowsky.

 

Gut aufbereitete Informationen, Zahlen, Daten, Fakten und Meinungen zum Thema findet sich auf Wotschikowskys Wolfsite www.woelfeindeutschland.de 

 

Die BILO möchte weiteren Themen mit lokalen Bezügen ein öffentliches Forum schaffen. Gerne auch orientieren wir uns an Bürgeranregungen.

 

C-P Lieckfeld

 

 

 

„Welches Schweinderl essen’s denn gerne?“

 

Besuch der Herrmannsdorfer Landwerkstätten am 24. Mai 2014 - BILO und Gartenbauverein Windach und etliche interessierte Windacher Bürger zu Besuch bei Herrn Schweisfurth

 

Dieser vielleicht etwas salopp klingende Spruch passt trotzdem gut zu unserem Besuch bei einem völlig unkonventionellen Fleischerzeuger. Denn wir als Verbraucher haben die Wahl, welches Fleisch wir essen. Auf die Frage aus „Was bin ich?“ könnte die Antwort auchlauten: „Der Mensch ist, was er isst.“

 

Am Samstag, dem 24. Mai haben wir die Herrmannsdorfer Landwerkstätten bei Glonn besucht. Claus-PeterLieckfeld hatte den Besuch inkl. Führung organisiert, der mit einem Gespräch und der Vorstellung der „Symbiotischen Landwirtschaft“ von Karl Ludwig Schweisfurth abschloss. Hier kann nur eine knappe Zusammenfassung dessen gegeben werden, was uns im Laufe von 4 Stunden präsentiert wurde. Wer sich für die Landwerkstätten und seinen Gründer Schweisfurth interessiert, dem sei sein Buch empfohlen: „DerMetzger, der kein Fleisch mehr isst..“, welches in Zusammenarbeit mit Claus-Peter Lieckfeld entstanden ist.

 

Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten befinden sich auf einem alten Gutshof, der entsprechend den Anforderungen für die Schweinehaltung und –verarbeitung sowie der Gastronomie ausgebaut wurde. Im alten Gutsgebäude wohnt die Familie selbst.

 

Auf dem Hof leben im wahrsten Sinne des Wortes etwa 600 Schweine. Im Laufe der Jahre sind ca. 80 Bauern aus einem Umkreis von 200 km dazugekommen, die ihre Schweine nach den Vorgaben von Herrn Schweisfurth aufziehen und hierher zur Schlachtung bringen. Außerdem besteht eine Zusammenarbeit mit dem Gut Kerschlach, da auch die Rinderhaltung, aufgrund starker Nachfrage auf dem Bio-Markt, immer mehr an Bedeutung gewinnt. Erzeugt werden 3 unterschiedliche Fleischqualitäten. Je nachdem ob die Tiere nur in Stallhaltung oder auch auf der Weide aufgezogen werden, sind die Preise im Vergleich zu konventionell erzeugtem Schweinefleischetwa 20 bis 50% höher.

 

Unsere Besichtigung beginnt sogleich mit den „Hauptdarstellern“, den Schweinen (Rasse hauptsächlichSchwäbisch-Haller-Bunte), die nach Altersgruppen getrennt, gleich beim Hofeingang zu besichtigen sind. Besonders bei den Kindern in unserer Gruppe wird gleich deutlich, dass die direkte Begegnung mit den Tieren für sie ein besonderes Erlebnis ist. Leider dürfen die Tiere nicht berührt werden. Ein großes Problem ist wie in anderen Betrieben die drohende Schweinepest und die Infektionsgefahr von außen durch Besucher. Sollte sich dieses Problem konkretisieren, wäre unsere Besichtigung des Guts nicht möglich gewesen.

 

Unter der sachkundigenFührung einer Hofmitarbeiterin geht es weiter zu den Muttersauen und jungen Ferkeln. Der „Hofeber“ Herrmann mit seinen Damen hat wiederum einen extra Stall. Die Sauen werden nicht künstlich besamt, und uns wird versichert, dass Herrmann seinen Job sehr gewissenhaft erledigt. Die Schweine verspeisen gerade eine ordentliche Portion frisch geerntetes Kleegras, eine vor kurzem neu eingeführte Beikost zum übrigen Futter, die Herr Schweisfurth aus einem alten Buch über Landwirtschaft entnommen hat. Diese Bücher sammelt er übrigens systematisch und erprobt hieraus alte Methoden selbst, damit sie nicht in Vergessenheit geraten.

 

Da Schweine auch viel Mist produzieren, hat das Gut eine eigene Biogasanlage, in der der Schweinemistzusammen mit Grünabfällen verstromt wird. Die daraus entstehenden Kompostabfälle dienen als Dünger auf den umliegenden Feldern, die Abwärme wird auch im eigenen Betrieb genutzt.

 

Vorbei am eigenen Räucherhaus, nach russischem Vorbild ganz aus Holz errichtet, dessen Fugen mit einer Mischung aus Lehm und Ochsenblut abgedichtet wurden, geht es weiter zumSchlachthaus. Auch in dieses dürfen wir (wer möchte) hineinschauen. Die Tiere bleiben bis zur Schlachtung in ihrer angestammten Gruppe. Einen Tag vorher werden sie in einen kleinen Stall direkt neben dem Schlachthaus getrieben und am nächsten Morgen in ihrer Gruppe bleibend in das Gebäude geführt. Das Ganze soll für die Tiere absolut stressfrei, ohne Lärm und Hektik geschehen, woraufdie Metzger großen Wert legen. Beim Metzgerhandwerk wird noch großes Augenmerk auf die Warmfleischmetzgerei gelegt, wie sie früher üblich war, als es nochkeine Kühltechnik gab. D. h. das Fleisch der Tiere wird ohne Zwischenkühlung verarbeitet bzw. verwurstet.

 

Zu den Landwerkstätten gehören auch eine Bäckerei, Brauerei und das Restaurant „Schweinsbräu“, die wir ebenfalls besichtigen können. Auch auf die Hühnerhaltung in mobilen Ställen haben wir vorher einen kurzen Blick geworfen.

 

Nach eine Stärkung im Hof-Biergarten nimmt sich dann Herr Schweisfurth persönlich eine gute Stunde Zeit zur Führung seines eigenen Bereichs. Da er den Besitz und die Leitung des Guts bereits voreinigen Jahren an seine Söhne übergeben hat, „beschränkt“ er sich auf dem Gelände mit einer kleinen ca. 4 ha großen Fläche, auf der er seine „Symbiotische Landwirtschaft“ betreibt. Nach kurzer Besichtigung des dortigen außergewöhnlichen Schullandheims, in dem Kinder im Alter von 8 bis 9 Jahren für eine Woche in Tipi und Jurte wohnen und schlafen, intensiven Kontakt zu den Tieren haben und Landwirtschaft und Produktion hautnah erleben können, geht es weiter zu denWiesen, wo kleine Gruppen von Schweinen völlig frei leben. Auf sehr großzügig bemessenen Flächen sind die Tiere zusammen mit Hühnern und suchen sich ihrFutter im Boden und auf der Weide selber. Die Hühner erledigen für die Schweine, die gerne von allen möglichen Parasiten heimgesucht werden, die Körperpflege,während die Schweine den Boden aufwühlen, in dem auch die Hühner einen Teil ihrer Nahrung finden. Beide Arten sind ausgesprochene Bodentiere, nicht nur bei der Ernährung; die Einen nehmen gerne ein Schlammbad, die Anderen „baden“ gerne im Staub. Wir nehmen gleich wahr, dass keine lästigen Fliegen umherschwirren und die Schweine keinen unangenehmen Geruch verbreiten (was übrigens von Allen bei der gesamten Begehung des Guts positiv festgestellt wird).

 

Herr Schweisfurth führt uns abschließend noch zu einem frischen Weideabschnitt, auf den die Schweine demnächst umziehen werden. Hier wächst eine frische ausgesäte Gras- undGetreidemischung, die wunderbar würzig duftet. Einer aus unserer Gruppe sagt spontan: „Da möchte man ja gleich selber von essen, so gut riecht das!“ Herr Schweisfurth versichert uns, dass man den Unterschied in der Fleischqualität zuden am Schluss so gehaltenen Tieren noch einmal deutlich schmeckt. Aber die nun folgende Botschaft ist ihm besonders wichtig: Nicht der Supermarkt ernährt uns, auch nicht die Tiere oder die Pflanzen im direkten Sinne, sondern es ist der Boden, der uns ernährt. Über die Lebensmittelindustrie und die konventionelleTierhaltung ist er frustriert und wütend zugleich, aber jeden Morgen, so versichert er uns, sagt er zu sich selbst: ....“für Deine Enkel und bald auchUrenkel machst Du weiter, Karl.....“.

 

Natürlich ist dies hier nur ein kurzer Abriss des Erfahrenen und Gesehenen aus 4 Stunden Besuch auf dem Gut. Wer sich für die Landwerkstätten, die Tierhaltung und die Philosophie von Karl Ludwig Schweisfurth interessiert, der sollte sich einmal selbst auf nach Glonn machen. Das Gut liegt inmitten von Feldern und Wiesen mit herrlichem Blick auf die Berge. Und was die Erzeugung von Lebens Mitteln - darauf liegt die Betonung für Herrn Schweisfurth –angeht: man kann es dort sehen, riechen, schmecken und auch mit nach Hause nehmen (wenn der Hofladen geöffnet hat). Die Produkte werden hauptsächlich in Direktvermarktung in einigen Filialen in München vertrieben. Übrigens, Spanferkel gibt es nicht. Die Schweine sollen Zeit haben, ihr Leben zugenießen, bevor sie zum Lebensmittel werden.

 

Irmgard Völl-Elias