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Muss der Mühlbach den Bach runtergehen?  

Dezember 15

 

 

 

Die Mehrheit des Gemeinderates kippte, als es darum ging,den Kampf um den Mühlbach in eigener Regie zu übernehmen. Seit 1695 fließt der Mühlbach durch Windach. Eisvogel, Wasseramsel und andere seltene Arten sind hier zu Hause, Generationen von Windacher Kindern haben hier gebadet und auchmal heimlich Fische gefangen. Ist dieses Natur- und Kulturgut bald Vergangenheit?

 

Windach hatte bis vor kurzem etwas, um das uns die meisten bayerischen Dörfer beneiden: einen intakten Mühlbach, der das Ortsbild prägt,ein Natur- und Kulturgut allererster Güte. Südlich des Ortes wird der Fluss von einem Wehr aufgestaut und entlässt einen Teil seines Wassers in den Mühlbach,der nun schon seit über 300 Jahren am Prallhang von Oberwindach entlang fließt. So weit, so gut – doch seit das Wehr im Januar 2015 gebrochen ist, gelangt kein Windachwasser mehr in den Mühlbach. Nur ein paar Hangquellen versorgen den Bach noch mit viel zu wenig Wasser. Ein Sanierungsfall also.

 

Eine Windacher Familie, die das Wasserrecht im Mühlbach inne hatte (sie betrieb damit eine kleine Stromgewinnungsanlage (s. Karte „A“), leitete deshalb alles in die Wege, um das Wehr (s. Karte „B“) zu reparieren (die Einmündung des Mühlbaches in die Windach ist mit „C“ gekennzeichnet). Etwas später sollte außerdem eine Fischtreppe eingebaut werden, damit die Fische trotz des Wehrs die Windach durchwandern können. Auf eigene Kosten wurden der Ökologe Dr. Manfred Holzner und der Landschaftsarchitekt Harmut Lichti beauftragt, damit die geplante Sanierung allen Anforderungen von Natur- und Artenschutz gerecht würde.

 

Bei der Bestandsaufnahme machte der Biologe Dr. Holzner zwei bemerkenswerte Funde: Er entdeckte im Mühlbach gesunde Bestände von Bachmuschel und Mühlkoppe! Die Muschel und der kleine Fisch sind etwas ganz Besonderes: Sie gehören zu den seltenen Arten, die laut Gesetz vorrangig geschützt werden müssen – ein Grund mehr, die Wehr-Sanierung zügig voranzutreiben, damit sich der Wasserstand im Mühlbach wieder stabilisieren kann.

 

Als die Planung und Finanzierung schon geregelt waren und das Landratsamt seine Genehmigung für die Wehrsanierung bereits in Aussichtgestellt hatte, meldete sich das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Weilheim zu Wort: Man kündigte der Familie unerwartete Auflagen und Zusatzkosten an, falls sie an ihren Reparaturplänen festhalten würde. Glücklicherweise nahm sich die Gemeinde daraufhin der Sache an und der Gemeinderat stimmte am 20.10.2015 mit knapperMehrheit (8:7) dafür, das Wasserrecht zu übernehmen und sich selbst um die Zukunft des Mühlbachs zu kümmern.

 

Die schien nun endlich so gut wie gesichert, doch da meldete sich wiederum das WWA - in Person von Herrn Kapa - zu Wort: Man forderte eine Sondersitzung des Rates, erklärtermaßen mit dem Ziel, den 8:7-Pro-Mühlbach-Beschluss zu kippen, das Wasserrecht selbst zu übernehmen und den Mühlbach künftig von der Windach abzukoppeln, also stillzulegen.

 

Die öffentliche Sondersitzung fand am Montag, den 26.Oktober statt. Außer den Gemeinderäten waren etliche Bürger gekommen, um sich –sozusagen an der Quelle – über ihren Bach zu informieren. Und sie erlebten eine Lehrstunde der ganz besonderen Art.

 

Es begann ruhig und sachlich. Zuerst erklärte der Biologe Dr. Holzner die hohe Schutzwürdigkeit des Mühlbaches und seiner seltenen Bewohner. Er legte auch dar, dass besonders die seltene, hochbedrohte Bachmuschel NUR im Mühlbach und nicht in der Windach existieren könne. Sein Fazit war unmissverständlich: Stirbt der Bach, dann sterben auch die seltenen Muscheln.

 

Dann erklärte das WWA, es sei von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, Flüsse wie die Windach soweit wie irgend möglich „durchgängig“ zumachen; das fordere die sogenannte Wasserrahmenrichtlinie, die unter anderem verlangt, dass Flüsse von Fischen möglichst „barrierefrei“ durchwandert werden können. Die ursprüngliche Planung der Windacher Familie hatte zwar genau das berücksichtigt und eine Fischtreppe vorgesehen, damit Fische das Wehr umgehen können. Doch das genügte dem WWA nicht: Bliebe das Wehr, würde nach wie vor eine gewisse Wassermenge in den Mühlbach abfließen. Damit aber bliebe derWindach übers Jahr gesehen zu wenig Wasser, um für Fische „durchgängig“ zu sein. Das Plädoyer des Wasserwirtschaftsamtes war eindeutig: Weg mit der alten, inzwischen gebrochenen Staumauer. Und als unvermeidliche Folge: Weg mit demMühlbach!

 

Doch wie stellt sich das WWA dann den Schutz der hochbedrohten Bachmuscheln im Mühlbach vor? Herrn Kapas Lösungsvorschlag: DieMuscheln würde man eben umsiedeln – falls überhaupt noch Muscheln da seien. Er jedenfalls hätte vor ein paar Tagen (im Oktober!) im Restwasser des Mühlbachs keine mehr gesehen. Diese lapidare Antwort konnte der Ökologe Dr. Holzner so nicht stehen lassen: Erstens müsste Kollege Kapa als Fachmann eigentlich wissen, dass man im Oktober schon deshalb keine Bachmuscheln finden könne, weil sie sich im Herbst in den Bachgrund vergraben. Zweitens sei eine Umsiedlung in dieWindach definitiv keine Option: Wenn die Muscheln dort existieren könnten, wären sie längst dort. In der Windach aber hatte man lediglich leere Schalengefunden, doch keine Spur einer lebenden Muschel. Das Statement von Kollege Kapa zeugte von wenig Sachkenntnis! Kommentar eines anwesenden Bürgers: „Da hat der Herr vom Amt wohl drauf spekuliert, dass er mit Bluffen Eindruck schinden kann!“

 

Ein Bürger stellte die naheliegende Frage, ob man nicht in Niedrigwasser-Zeiten einfach mehr Wasser aus dem flussaufwärts gelegenen Windachspeicher ins Flussbett schicken könnte? Dann hätten die Windach UND derMühlbach genug Wasser - auch in Trockenzeiten. Die Antwort des WWA war eine glatte Absage: Nein, das ginge nicht, dafür sei der Speichersee wedervorgesehen noch ausgelegt.

Wirklich nicht …?

Das Bayerische Landesamt für Umwelt (http://www.lfu.bayern.de/wasser/staatliche_wasserspeicher/windachspeicher/index.htm) nennt für den Windachspeicher unter dem Stichwort „Nutzung“: Hochwasserschutz, Niedrigwasseraufhöhung, Energieerzeugung, Freizeit und Erholung“. Ein Irrtum vom Wasserwirtschaftsamt? Oder gezielte Desinformation?

 

Die angestrebte Lösung des WWA – weg mit dem Wehr, Mühlbachade – lässt noch weitere Fragen einiger Ratsvertreter und Bürger unbeantwortet:

•             Warum ist das WWA ohne weiteres bereit, den Mühlbach für die Durchgängigkeit von 1,3 kmWindach zu opfern, obwohl schon wenige Kilometer flussaufwärts der Windachspeicher-Damm die nächste absolut unüberwindbare Sperre für wandernde Fische darstellt?

•             Warum wird ständig das Totschlagargument „Durchgängigkeit“ ins Feld geführt, obwohl die Windach – mit oder ohne Mühlbach – nie ganzjährig durchgängig sein wird? Im vergangenen Sommer, als von der Windach schon kein Tropfen Wasser mehr in den Mühlbach floss, konnte man das Flüsschen abschnittsweise an vielen Tagen trockenen Fußes überqueren.

•             Warum ist dem WWA der besonders geschützte Auwald beidseits der Windach keinen Nebensatz wert? Das Wehr hat dafür gesorgt, dass sich flussaufwärts Auwald entwickeln konnte, der als besonders wertvoll auf der Liste der FFH-Schutzgebiete aufgeführt ist (FFH = Flora und Fauna Habitat). Ohne Wehr wird der Wasserstand sinken, was den wertvollen Wald unweigerlich schädigt. Ohne Wehr wird also ganz nebenbei die Lebensgrundlage eines wertvollen Schutzgebiets angegriffen –eigentlich eine strafbare Aktion, denn Bayern ist gegenüber der EU zum Erhalt der FFH-Schutzgebiete verpflichtet.

•             Wie kann es sein, dass der Hochwasserschutz der Gemeinde bei den Überlegungen des WWA offenbar überhaupt keine Rolle spielt? Bei hohem Wasserstand schießt die Windach in der Ortsmitte auch mal über die Ufer und nimmt den kürzesten Weg quer über die Dorfdurchgangsstraße. Wie mag das erst aussehen, wenn kein Mühlbach den Wasserüberschuss ableitet und kein Wehr den Wasserstrom bremst?

•             Das WWA sprach ausführlich von Auflagen und Nachfolgekosten. Wer aber kommt für die Kosten auf, die den Bürgern bei Überflutungen im Ortskern ins Haus stehen? Müsste nicht gerechterweise auch das WWA Auflagen und verpflichtende Schadenersatzzahlungen hinnehmen, falls seine Planungen sich negativ für die Gemeinde auswirken sollten?

•             Wohin sollen die Hangquellen und das Sickerwasser abfließen, die bisher in den Mühlbach geflossen sind? Wie wirkt sich eine Verlandung des Mühlbaches auf die angrenzenden Gebäude aus? Sind Senkungsrisse zu befürchten? Und wieder: Wer steht für anfallende Kosten gerade???

 

Die Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes ließen all dieseFragen unbeantwortet. Stattdessen holten sie wieder mit der Keule aus: Wenn die Gemeinde das Wehr reparieren und damit den Bach retten sollte, würden ihr gewaltige Kosten für Überwachung drohen und womöglich würde sogar der nachträgliche Abriss des Wehrs anstehen. Mehrfache Fragen nach der geschätzten Kostenhöhe beantwortete Herr Kapa nur mit vagen Andeutungen (geschätzte Kosten von rund 200.000 Euro standen im Raum, wurden vom WWA jedoch weder bestätigt noch dementiert).

 

Und siehe da! Die unspezifische Drohung tat, was sie wohl tun sollte: Auf Antrag des 2. Bürgermeisters I. Bertling kippte der Rat mit 9 :5 Stimmen seinen eigenen Beschluss vom 20.10.2015 auf Übernahme desWasserrechts. Außer 1. Bürgermeister R. Michl und S. Graf von der Dorfgemeinschaft Windach stimmten die BILO Gemeinderäte D. Kreitner, R.Frommknecht und Dr. C. Köhl gegen den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 20.10.2015. Dr. A. Gebhardt, der sich sehr für den Mühlbach und das Aufrechthalten des Beschlusses einsetzte, konnte aus beruflichen Gründen zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht mehr an der Sitzung teilnehmen. Befremdlich erscheint in dem Punkt die Geschlossenheit der Schöffeldinger und Hechenwanger Gemeinderäte, die vom Verlust des Mühlbaches selbst kaum betroffen sind.

 

Die Zukunft – oder vielmehr der Niedergang – des Mühlbachs liegt nun nicht mehr in der Verantwortung der Gemeinde.

 

*

Was danach geschah:

 

•             Die bisherigen Inhaber des Wasserrechts und Betreiber einer Strom-Erzeugungsturbine gaben dem Drängen nach und veräußerten das Wasserrecht an das WWA – mit allen Rechten und Pflichten. Die BILO stellte daraufhin einen Antrag an den Gemeinderat, der sicherstellen soll in welchen Punkten und wie das WWA seinen Pflichten nachkommen muss (http://www.bilo-windach.net. Die Mehrzahl der Punkte aus diesem Antrag wurde in der GR-Sitzung vom 10.11.2015 angenommen).

•             Michael Comes-Lipps, zweiter Vorsitzender des Landesbund für Vogelschutz,  Kreisgruppe Landsberg, erklärte zum Fall Mühlbach: „Grundsätzlich sollen Gewässer durchgängig sein, in diesem Fall steht aber der Schutz der Muscheln über dieser Richtlinie“.

•             Dr.Holzner (Autor des oben zitieren Gutachtens) erklärt, was eine Beseitigung des Wehres, wie vom WWA geplant, erwarten lässt: Bisher konnte die Windach bei hohem Wasserstand auf den Auwald beidseitig des Flusses ausweichen. Der Wasserspiegel ist jetzt schon – nachdem das Wehr praktisch funktionslos ist und das Wasser vorbeifließt - um schätzungsweise 2 Meter abgesunken und wird weiterfallen, da sich der Fluss in den kiesigen Untergrund weiter eintieft. Damit fällt nicht nur ein wichtiger Pufferraum weg. Auch der Wald wird sich als Folgedes gesunkenen Wasserstandes verändern.

•             Anlieger des Mühlbachs erwägen, sich zusammenzuschließen und gegebenenfalls mitRechtsmitteln gegen die Absichten des WWA vorzugehen, den Mühlbach vom Wasserzufluss abzukoppeln und verlanden zu lassen.

•             Eine Unterschriftenaktion für Windacher, die den Erhalt des Baches und die Reparaturdes Wehres befürworten wollen, soll aufgelegt werden.

 

Veronika Straaß (Anliegerin des Mühlbachs)

 

Ortserhaltung – Ortsgestaltung

Was macht unsere Heimat liebenswert?   01.10.2015 

 

Wer hier lebt oder gar schon hier aufgewachsen ist, wird sich schon gefragt haben, was macht es aus, in Windach, Schöffelding, Hechenwang oder Steinebach zu leben? Weshalb freuen wir uns, wenn wir von derArbeit oder von einer Reise zurück in unseren Heimatort kommen? Selbstverständlich sind das unsere Lieben, unsere Freunde, die Gemeinschaft in Kirche, Vereinen, bei den zahlreichen Veranstaltungen, der Freundeskreis, die bekannten Gesichter. Zu den bekannten Gesichtern gehört auch das Gesicht unseres Ortes mit Maibaum, Kirchen, Kapellen, Gaststätten (soweit noch vorhanden), Schule (soweit noch vorhanden), Feuerwehr, Gemeindezentrum, Rathaus, Schlosspark, Geschäften (soweit noch vorhanden), den charakteristischen landwirtschaftlichen Gebäuden, Hofstellen, der Molkerei, dem Friedhof auf dem unsere Liebsten ihre letzte Ruhestätte gefunden haben usw. Das Gesicht unseres Ortes eben.

Wie auch unser eigenes Gesicht verändert sich auch das Gesicht unserer Ortschaften mit der Zeit, mit dem Älterwerden. Die schmucke Hofstelle hat schon bessere Zeiten gesehen, die letzte Kuh hat den Hof schon lange verlassen, wo früher der Misthaufen dampfte, liegt ein verwelkter Blumenstrauß. Die Apotheke hat die Vorhänge zugezogen, in der Wagnerei ist schon lange kein Wagen mehr gerichtet worden, ja sogar in der Bäckerei wäre beinahe schon die letzte Semmel verkauft worden. Was wird aus den Gebäuden? Wie können sie mit neuem Leben gefüllt werden? Wenn sie nicht mehr mit neuem Lebengefüllt werden können, was können wir dann tun, dass das Gesicht unserer Orte erhalten bleibt und trotz neuer Nutzung noch erkennbar bleibt?

Hier kommt nun der trockene Teil, das Baurecht (Baugesetzbuch, Bayerische Bauordnung) und die Bayerische Gemeindeordnung zumTragen: Zunächst darf innerorts grundsätzlich gebaut werden, wenn sich das Gebäude in die umgebende Bebauung einfügt und die Erschließung gesichert ist (§34 BauGB). Die Freigabe zum Bauen erfolgt durch das Landratsamt „im Einvernehmen“ mit der Gemeinde. Das heißt hier hat die Gemeinde zunächst keinen Einfluss, wenn die minimalen Anforderungen, Abstandsflächen etc eingehalten werden.

Die Regeln für die Bebauung können jedoch durch die Gemeinde (Gemeinderat) in einem Bebauungsplan präzisiert und festgelegt werden. Dies geschieht zumeist, wenn Neubaugebiete ausgewiesen werden und eine „geregelte Entwicklung“ gewünscht wird. Ein Bebauungsplan kann aber auch über ein schonbebautes Gebiet „gelegt“ werden. Im Bebauungsplan sind üblicherweise überbaubarer Flächenanteil des Grundstücks, maximales Bauvolumen, Baufluchten, Abstandsflächen, Firstrichtung, Dachaufbauten, Nebengebäude und ähnliches geregelt.

Darüber hinaus kann der Gemeinderat Satzungen (so heißen die Gesetze der Gemeinde) erlassen, in denen die Gestaltung präziser geregelt wird (Ortsgestaltungssatzung nach Art. 81 BayBO: Örtliche Bauvorschriften) oder beidenen festgelegt wird, dass vor einer Veränderung (auch Abriss) das gemeindliche Einvernehmen eingeholt werden muss (Erhaltungssatzung, §172 BauGB) .Das sind also vom Gesetzgeber gewollte Instrumente, mit denen die Gemeinde überden Gemeinderat auf die örtliche Entwicklung Einfluss nehmen kann. Der Gemeinderat ist weigehend frei, die Ziele der „städtebaulichen Entwicklung“ in der Bauleitplanung und gemeindlichen Satzungen zu definieren (§1 BauGB). Dieswird bisweilen als Gängelung der Grundbesitzer wahrgenommen, hin und wiederfällt das Wort „Enteignung“, das in diesem Zusammenhang völliger Unfug ist. Das Ziel muss natürlich immer sein, eine Lösung im Einvernehmen von Gemeinde und Eigentümer zu finden, einen Ausgleich zwischen privaten und öffentlichen Interessen. Ohne dass der Gemeinderat Regeln definiert, Satzungen erlässt, steht das Recht im Falle des Ortsbildes sehr einseitig auf der Seite de rGrundstückseigentümer.

Also sehen wir zu, dass unser Gemeinderat seine Werkzeuge, die ihm der Gesetzgeber zur Verfügung stellt, auch in die Hand nimmt, um zuverhindern, dass in wenigen Jahren die Orte von Puchheim bis Erpfting alle gleich aussehen!

 

 

 

Aktuell ist am von Pfetten-Füll-Platz in Windach der„Raiffeisenstadl“ der südlich an die Apotheke anschließt mit dem anhängenden Kohlenbunker in der Diskussion. Der Eigentümer hatte einen Bauantrag für einen L-förmigen Bau gestellt, der das bisherige Gebäude um gut einen Meter überragt und dessen First um ca einen Meter gegenüber der Apotheke nach Osten (zur VRBank) versetzt wäre. Die Seite zum Friedhof ist mit großen Gauben und Balkonentür die vorgesehenen Wohnungen geplant. Diese weisen praktisch direkt auf den Friedhof. Für diese Planung müsste das alte Feuerwehrhaus, das derzeit den Friedhof nach Süden begrenzt abgerissen werden um einer Tiefgarageneinfahrt Platz zu machen, was den Blick auf die dahinterliegenden Häuser mitTerrassenbalkon im ersten Stock freigibt.  

 

 

 

Nun entsprach die Planung formell nicht den Vorgaben des Bebauungsplanes, so dass sie ohne weiteres vom Gemeinderat in der Sitzung am 4.8.15 abgelehnt werden konnte. Die Abweichungen sind jedoch nicht sehr gravierend, so dass langfristig die vorgesehene Planung mit Abriss des altenFeuerwehrhauses nicht zu verhindern sein wird. Hier ist der Gemeinde Verhandlungsgeschick zu wünschen, damit nicht zahlreiche Balkone, auf denen sich mangels Gartenfläche das Leben mit Grillen, Musikhören etc. abspielt die Pietät des Friedhofs stören.

Im Grunde führt für derartige Interessenkonflikte kein Wegan einer Ortserhaltungs- und Ortsgestaltungssatzung vorbei, wenn die Gemeinde (der Gemeinderat) die Hoheit über die Entwicklung haben will. Ohne derartige Satzung ist den Interessen der Besitzer nichts entgegenzustellen.

Dr. Christoph Köhl

 

Breitband für alle
oder
„das Recht auf schönes Wetter an hohen kirchlichen Feiertagen“   01.10.2015


Im Artikel „aus dem Sitzungssaal“ war im letzen Windacher ein kurzer Bericht über den Beschluss zum geplanten Breitbandausbau für die Gemeinde Windach abgedruckt. Es heißt ja immer, „in der Kürze liegt die Würze“, leider stimmt das in diesem Fall ganz und gar nicht; wurde doch die dem Beschluss voran gegangene Debatte recht kontrovers und teilweise hitzig geführt, was bei einem so technischen Thema eigentlich überraschen sollte. Aber es
ging ja nicht nur um die Technik, sondern auch um einen recht großen Batzen Geld, nämlich um vom Ing.-Büro geschätzte €454.155.-, die per Ausschreibung auf €400.000 gedeckelt werden sollen.
Aber zunächst noch einmal kurz zurück zur Technik. Was heißt eigentlich Breitband und wie funktioniert das überhaupt.
1. Von einem Breitband-Zugang zum Internet spricht man bei einer Übertragungsrate ab 30Mbit/s, das bedeutet, es können 30 Millionen Zeichen (bit) pro Sekunde übertragen werden, egal ob per Kupferdraht, Glasfaser oder Funkstrecke. Diese Datenraten beziehen sich immer auf den Downstream, also den Datenstrom auf das Endgerät (PC, Smartphone
oder Tablet-Computer, aber auch Fernseher etc.). Der Upstream ist der umgekehrte Weg, üblicherweise um ein Vielfaches langsamer als der Downstream.
2. Die Daten werden vor der Übertragung vom Sender in kleine Pakete verpackt und verschickt. Wie Postpakete sind auch die Datenpakete mit Informationen wie Absender und Empfänger u.v.m. versehen, so dass der Empfänger sie wieder in der richtigen Reihenfolge
zusammensetzen kann. Die Regeln fürs Verschicken und Empfangen nennt man Protokoll (IP= Internet-Protocol).
3. Die Pakete flitzen durch die Übertragungsstrecke wie Autos über die Straße, also je breiter die Straße (z.B. Autobahn) und je weniger Autos, desto schneller geht’s voran, umgekehrt allerdings gilt auch, je schmaler die Straße und je mehr Autos, desto langsamer wird’s dann auch – bis zum Stau, das ist dann der Netzwerkzusammenbruch.
4. So wie es im Straßenverkehr unterschiedliche Straßen gibt, z.B. Landstraßen, Autobahnzubringer und Autobahnen, so gibt es auch im Netz unterschiedliche Übertragungsstrecken. Im Festnetz ist die Strecke zwischen Ihrem Hausanschluss und dem nächsten Kabelverteiler (das sind die grauen Kästen am Straßenrand) gleichzusetzen mit dem Autobahnzubringer, die Strecke hinter dem Kabelverteiler ist dann analog zur Autobahn. Diese Netzwerkstrecken werden auch Backbone (= Rückgrat) genannt. Hier
bewegen sich die Übertragungsraten im mehrfachen Gigabit- bis Terabit-Bereich. Da Sie sich die Strecke hinter dem Kabelverteiler in der Regel mit allen Benutzern im engeren Wohngebiet teilen, ist es wichtig, dass der Kabelverteiler mit möglichst großer Bandbreite angefahren wird. Hier ist in der Tat die Glasfaser das Mittel der Wahl, da die aktuellen - und erst recht die zukünftig benötigten - Bandbreiten mittels Kupferdraht technisch nicht
machbar sind.

So, und jetzt zurück zur Gemeinderatssitzung am 7.7.2015:
Auslöser der Diskussion ist das aktuell laufende Förderprogramm des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, angeführt von Markus Söder. Zitat: „Zweck der Förderung ist der sukzessive Aufbau von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen (Netze der nächsten Generation, NGA-Netze) im Freistaat Bayern mitÜbertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s im Download und viel höheren Upload-Geschwindigkeiten als bei Netzen der Breitbandgrundversorgung in den Gebieten, in denen diese Netze noch nicht vorhanden sind und in denen sie nach Nr. 4.3 in den kommenden drei Jahren von privaten Investoren wahrscheinlich auch nicht errichtet werden (sog. „weiße
NGA-Flecken“).“ Das heißt für die Gemeinde Windach im Klartext: aus wohlverstandenem Eigeninteresse führt die Telekom in Windach und in Teilen von Schöffelding den Ausbau auf eigene Kosten durch. In anderen Ortsteilen greift das Förderprogramm für den Breitbandausbau, und zwar mit bis zu 80% der anfallenden Kosten. Soweit, so gut. Vollkommen unstrittig war im Rat der Ausbau in Schöffelding aufgrund der Anzahl der anzuschließenden Haushalte. Diskussionswürdig war schon eher der Ausbau für Steinebach,
aus 2 Gründen: 1. Die relativ kleine Anzahl der Haushalte und die ohnehin schon vorhandene Möglichkeit mit bis zu 16 Mbit/s anzuschließen. Wie gesagt ein Grenzfall, aber noch akzeptabel. Recht bizarr wird’s dann aber in den „Weilern“ Schlechtwiesstrasse 3-12,
Dürrhansl und Riedhof.
 

 

Dazu folgende Fakten:

1. Schlechtwiesstrasse:
8 Hausanschlüsse, Kosten: €71.400 = €8.925/Anschluss
aktuelles Angebot der Telekom: VDSL 25 Mbit/s + Hybrid bis 50 Mbit/s
(Hybrid = Kombination von Festnetz und Funkverbindung, wird von der Telekom und von Vodafone angeboten). Alle Anwesen befinden sich in direkter Nachbarschaft zum Sendemasten, warum also keine Hybrid-Lösung?
Außerdem wäre sehr wohl auch noch zu prüfen, ob bei einer Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Greifenberg nicht wesentlich niedrigere Kosten für die Tiefbauarbeiten zu erzielen wären, zumal es für interkommunale Zusammenarbeit auch noch spezielle Fördermittel gibt. Leider hat bisher niemand diesbezüglich die Fühler ausgestreckt.

2. Dürrhansl:
5 Hausanschlüsse, Kosten: €55.250 = €11.050 /Anschluss
aktuelles Angebot der Telekom: DSL 2Mbit/s + Hybrid bis 50 Mbit/s

3. Riedhof:
2 Hausanschlüsse, Kosten: €69.615 = €34.807/Anschluss
aktuelles Angebot der Telekom: Telekom DSL 6 Mbit/s + Hybrid bis 50 Mbit/s

Diese Bandbreiten haben die Dürrhansler und Riedhofer fast exklusiv (s.o. Autobahn und Anzahl der Autos). Für die Anschlusskosten beim Riedhof von rund €35.000 könnte die Gebühr von €35/Monat für die Hybrid-Variante für rund 1000 Monate oder 83 Jahre bezahlt werden.

Die aktuellen Angebote der Telekom habe ich im Nachhinein recherchiert, da ich auf meine Nachfrage im Rat, ob denn das Ingenieurbüro die Verfügbarkeit von alternativen Breitband-Anschlüssen für die „Weiler“ geprüft hat, nur eine ausweichende Antwort bekommen habe. Ebenso wurde die Nachfrage von Christoph Köhl, ob denn die Haushalte überhaupt Bedarf hätten bzw. ob sie denn bereit wären, die dann fälligen €600 für den Anschluss aufzubringen, mit einem ebenso klaren wie enttäuschenden „Nein“ beantwortet.

Den Breitbandausbau hat sich im Übrigen auch das Bundesverkehrsministerium auf die Fahnen geschrieben und ein zusätzliches Förderprogramm aufgelegt, siehe http://www.zukunft-breitband.de/Breitband/DE/Home/home_node.html. In diesem wird ausdrücklich auf die alternativen Übertragungswege (Funk, Satellit) hingewiesen.

Fazit: wichtige Fragen ungeklärt, alternative Übertragungswege ungeprüft, astronomische Kosten für den Anschluss der Weiler - bei Anschlusskosten pro Haushalt zwischen €8.925 und sage und schreibe €34.807 (Riedhof) machen sich die Kosten für die Renovierung der Wasserreserve von ca. €800 pro Haushalt (€800.000 bei 1.000 Haushalten) glatt wie ein Schnäppchen aus. Das Argument, dass ja alle gleich behandelt werden müssten, ist zwar
prinzipiell richtig, erinnert aber doch sehr an die Forderung auf ein Recht auf schönes Wetter an hohen kirchlichen Feiertagen, zumal es ja auch, wie oben aufgezeigt, breitbandige Alternativen gibt. Und ein exklusiver Glasfaseranschluss für 2 Haushalte, wie beim Riedhof, der ja wohl nicht flächendeckend in ganz Windach angestrebt wird … oder etwa doch? Wenn
es Papa Söder schon zahlt? Wohlgemerkt mit unserem Geld. Der Antrag von Christoph Köhl, wenigstens die 5 Ausbaugebiete einzeln abzustimmen, damit
wenigstens das Gröbste verhindert werden kann, wurde mit Mehrheit von 3:12 abgebürstet. Daraufhin habe ich mich entschlossen, eine namentliche Abstimmung zu beantragen. Ich für meinen Teil möchte mit Steuergeld so nicht umgehen, auch wenn die Gemeinde „nur“ mit 20% - also ca. €96.000 für alle Ausbaugebiete und €39.000 für die „Weiler“ beteiligt sein wird. Zur Erinnerung: wir reden über insgesamt €400.000 voraussichtlicher Gesamtkosten wovon fast die Hälfte, €196.265,00, für die „Weiler“ ausgegeben werden soll!
Der anschließende Beschluss zum Breitbandausbau ging dann ja, wie bekannt, mit 11:4 Stimmen durch.
Wie im vorigen Windacher zu lesen war, wird jetzt ausgeschrieben. Ich bin gespannt, wie viele Angebote eingehen und wie viele Bieter auf alternative Übertragungsstrecken aus Kostenersparnisgründen für Gemeinde und Steuerzahler überhaupt hinweisen.
Normalerweise äußere ich mich nicht öffentlich zu gefassten Beschlüssen im Gemeinderat weil ich der Meinung bin, dass die Diskussionen an den Ratstisch gehören. In diesem Fall war es aber aus meiner Sicht doch nötig, da ich persönlich im Windacher genannt wurde und der Eindruck entstehen konnte, dass wir, die dagegen gestimmt haben, gegen Internet und Breitbandausbau wären. Um es ganz deutlich und unmissverständlich zu sagen: ich, und
auch die anderen, die mit mir gestimmt haben, wollen den Breitbandausbau für Windach, aber bitte mit Augenmaß und Verstand unter Einbeziehung aller (!) technischen Möglichkeiten. Die Gleichung Breitband = Glasfaser gilt nicht absolut, sondern eben nur bedingt.

Rudolf Frommknecht (GR BiLo)



 

 

Pflaumdorfer Moos - Quo vadis?

 

Das sogenannte Pflaumdorfer Moos, die grüne Oase zwischen Windach und St. Ottilien, kennen vermutlich die meisten Leser. Dort kann man beim Spazierengehen ob mit oder ohne Hund noch eine weite unverbaute Wiesenlandschaft genießen, die anderswo rund um unsere Dörfer längst der intensiven Ackerbaunutzung zum Opfer gefallen ist. 

Geschichtlich gesehen ist dort die während der Würmeiszeit vorgedrungene Zunge des Ammersee-Gletschers weggeschmolzen und der entstandene See nach und nach verlandet. Daraus entstand ein grundwasserbeeinflusstes Niedermoor, das sogenannte Pflaumdorfer Moos, dessen Moorkörper heute durch Drainagen und Entwässerung bereits um 50 % abgebaut ist.

Aber es gibt noch intakte Moorbereiche mit ihrem typischen Bewuchs, der auch Lebensraum für zahlreiche Vögel, Tiere und besondere Pflanzenarten bietet.  

Dies ist nicht zuletzt der guten Pflege durch den Landschaftspflegeverband „Arbeitsgemeinschaft zur Pflege des Pflaumdorfer Mooses (auch Moosdapper genannt)“ zu verdanken. Die Arbeitsgemeinschaft und der Eresinger Gemeinderat haben letztes Jahr bei der Naturschutzbehörde im Landratsamt angeregt, das Pflaumdorfer Moos unter den gesetzlichen Schutz eines Landschaftsschutzgebietes zu stellen.

Die herausragende Besonderheit des Pflaumdorfer Mooses liegt heute vor allem an demnoch unverbautem Naturraum, dem fantastischen Blick von Windach in Richtung Kloster und dem Bergblick vom Bahndamm  

nach Süden. Deshalb müsste nach Auskunft der zuständigen Naturschutzfachkraft im Landratsamt ein zukünftiges Landschaftsschutzgebiet eher unter dem Namen „Pflaumdorfer Wiesenlandschaft“ firmieren.  

 

Es sei vor allem wichtig, die Landschaft, wie sie sich uns jetzt präsentiert, zu erhalten. D.h. das bisher noch größtenteils vorhandene Grünland muss erhalten und zukünftige Bebauung sollte verhindert werden, sonst mache ein Landschaftsschutzgebiet keinen Sinn. Auch für den Artenschutz seien zusammenhängende Wiesen-flächen wichtig der wieder angesiedelte Weißstorch findet auf diesen Flächen ausreichend Nahrung und auch für Wiesenbrüter wäre es ein möglicher Lebensraum. Die normale landwirtschaftliche Nutzung werde durch die Unterschutzstellung nicht beschränkt, lediglich ein Grünlandumbruch müsste nach Ansicht des Naturschutzes unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Da bei einem Verfahren zum Erlass der Landschaftsschutzgebietsverordnung die Gemeinde und alle Grundeigentümer gehört werden, steht und fällt eine solche Verordnung mit der Zustimmung der betroffenen Landwirte.  

Einen großen Anteil der landwirtschaftlichen Flächen gehören wohl dem Kloster St. Ottilien, das sich - wie man hoffen kann - seiner ökologischen Verantwortung für die Schöpfung bewusst ist und sicher alles dafür tun wird, die herrliche Umgebung des Klosters, die von vielen Besuchern so geschätzt wird, zu sichern und zu erhalten. 

Es wäre schön, wenn auch von Seiten der Gemeinde Windach die Bestrebungen zum Erhalt dieser Landschaft tatkräftig unterstützt würden.
 

 

G. Gulewitsch                                                           Fotos: Wolfgang Kurreck